Für viele lohnt ein Technologie-Mix!

Falko Biermann ist Architekt und Eigentümer eines Einfamilienhauses in der Oerlinghausener Südstadt. Zudem war er Mitverfasser des Konzepts „Klimaquartier Oerlinghausen Südstadt“. Im Interview erklärt er, warum er für seine private Wärmeversorgung den Anschluss an das Fernwärmenetz wählt und worauf man generell bei der Heizwärmeversorgung seiner Immobilie achten sollte.

Herr Biermann, was ist das Wichtigste bei der Wärmeversorgung einer Immobilie?

Bei der Heizung hat man aktuell immer die effiziente Erzeugung der Heizwärme im Sinn. Diese ist auch wichtig. Allerdings ist das erste Ziel der Heizung in einem Gebäude immer, Behaglichkeit zu schaff en. Diese muss auch bei sehr niedrigen Außentemperaturen gewährleistet sein.

Worauf sollte man achten, wenn man die Heizwärmeversorgung seines Eigenheims optimieren will?

Grundsätzlich gilt: Für eine Heizungsmodernisierung gibt es nie die eine allgemeingültige Lösung. Die baulichen Gegebenheiten des jeweiligen Hauses sollten immer beachtet und auf dieser Grundlage eine individuelle Entscheidung getroffen werden. Bei Gebäuden ist es wichtig, mit den baulichen Maßnahmen wie Dämmung oder Fenstertausch zu beginnen. Anschließend kann man den Heizwärmebedarf neu bestimmen und anhand dessen die passende Heizlösung auswählen. Diesen Prozess umzukehren, ist nicht sinnvoll. In der Südstadt von Oerlinghausen beispielsweise hat jedes Haus andere Voraussetzungen, wenn man auf den Zustand der Fassade, der Fenster oder auch der Heizkörper schaut. All das muss bei der Entscheidung berücksichtigt werden.

Sie haben sich für den Anschluss an das Fernwärmenetz der Stadtwerke Oerlinghausen entschieden. Was war dafür ausschlaggebend?

In der Oerlinghausener Südstadt ist das Fernwärmenetz der Stadtwerke sehr gut ausgebaut. Ich finde, dass die bestehenden Infrastrukturen genutzt werden sollten. Daher geht auch die politisch geplante Verpflichtung der Kommunen zu einer kommunalen Wärmeplanung in  die richtige Richtung. Je mehr Hauseigentümer:innen das Angebot nutzen, desto wirtschaftlicher lässt es sich dann von den Betreiber:innen gestalten. Dass unser Haus ebenso wie die beiden benachbarten Gebäude bislang keinen Anschluss an die Fernwärmeversorgung hatten, liegt am Baujahr. Als die Häuser in den 1960er-Jahren errichtet wurden, gab es die Fernwärmeversorgung noch nicht. Unser Haus wurde daher bislang mit Öl beheizt. Da die Öl-Brennwertheizung zu dem Zeitpunkt des Hauskaufs gerade einmal 10 Jahre alt und sehr effizient war, wollten wir sie nicht direkt austauschen. Inzwischen ist sie 20 Jahre alt und der Austausch steht an. Gemeinsam mit unseren Nachbar:innen haben wir uns dann zum Anschluss an das Fernwärmenetz entschieden, der im kommenden Jahr durch die Stadtwerke erfolgen wird.

Konnten Sie für die Einrichtung der Fernwärme eine Förderung nutzen?

Tatsächlich hatten wir Glück und konnten eine zum Zeitpunkt der Entscheidung noch bestehende Förderung des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) in Anspruch nehmen. Dies war möglich, weil die Fernwärme in der Oerlinghausener Südstadt vorwiegend aus Holzhackschnitzeln erzeugt wird und daher einen sehr niedrigen Primärenergiefaktor hat. Dadurch haben wir von dem fossilen Energieträger Öl zu einer regenerativen Wärmeerzeugung gewechselt, was damals noch gefördert wurde. Generell ist es selbst für mich als Architekt schwer, den Überblick im Förderdschungel zu behalten. Viele denken, dass nur Wärmepumpen gefördert werden. Das stimmt aber nicht. Es ist daher immer sinnvoll, sich über die aktuellen Förderprogramme zu informieren.

Es gibt keine universelle Lösung für Heizungsmodernisierung. Man muss die baulichen Gegebenheiten des Hauses berücksichtigen und eine individuelle Entscheidung treffen.

Falko Biermann

War der Einbau einer Wärmepumpe keine Option für Sie?

Tatsächlich habe ich den Test gemacht: Ich habe im vergangenen Winter die Vorlauftemperatur der Heizung auf 40 Grad herabgesetzt und auf Mittelstellung der Heizkörperventile ein Niedertemperatursystem simuliert. Damit wollten wir unter anderem auch einen Beitrag zur Energieeinsparung vor dem Hintergrund der Energiekrise leisten. Als Ergebnis zeigte sich, dass bei bestimmten Außentemperaturen die Behaglichkeit in den Räumen nicht mehr voll gegeben war. Unsere Heizkörper, die wir vor 10 Jahren erneuert hatten, benötigen höhere Vorlauftemperaturen. Um sie zu liefern, ist Fernwärme eine gute Alternative.

Für die Warmwasserbereitung haben Sie trotzdem eine kleine Wärmepumpe installiert. Können Sie die gesamte Energieversorgung in Ihrem Haus etwas näher erläutern?

Wir wollten in unserem Haus eine möglichst nachhaltige und klimafreundliche Energieversorgung. Daher hatten wir uns im vergangenen Jahr zur Installation einer Photovoltaikanlage auf dem Dach entschieden, mit der wir einen Teil unseres Strombedarfs decken und das Elektroauto laden. Den Stromüberschuss, der gerade im Sommer besteht, wollten wir allerdings nicht einfach ins Netz  speisen, sondern ebenfalls nutzen. Deswegen haben wir eine Warmwasser-Wärmepumpe angeschafft, die mit dem Sonnenstrom als Antriebsenergie die Umgebungswärme aus dem Keller für die Warmwasserbereitung nutzt. Ein weiterer Vorteil: Die Wärmepumpe kühlt die Kellerräume, indem sie ihnen die Wärme als Umweltenergie entzieht. Im Winter wird der Ökostrom nicht ausreichen. Für das Elektroauto nutzen wir dann den Bergstadtstrom der Stadtwerke, für die Warmwasserbereitung Fernwärme. Wir haben uns vorher mit den Stadtwerken zu dieser Kombination abgestimmt. Generell ist für viele Häuser ein Technologie-Mix, der mehrere Systeme miteinander vereint, sinnvoll.

Gab es besondere Herausforderungen bei der Einrichtung Ihrer Energielösung?

Eine Herausforderung liegt im Zusammenspiel aller Komponenten, was sich allerdings durch entsprechende Steuerungen gut realisieren lässt. Es zeigt sich dabei, dass Elektriker:innen bei der Gestaltung der Hausinstallation zunehmend wichtiger werden. Außerdem ist der Anschluss meines Hauses an das Fernwärmenetz natürlich auch für mich mit einer gewissen Wartezeit verbunden.

Vielen Dank!

Staatliche Förderung

  • Maximal 70%
  • Maximal 21.000 Euro

 

  • 30%: Grundförderung für alle Antragssteller
  • zusätzlich 30%: Bei einem Jahreseinkommen bis zu 40.000 Euro
  • zusätzlich 10%*: Alte Heizung freiwillig und frühzeitig erneuern


*ab 2028minus 3% jährlich

Seite drucken